Jugendzeit in der Weimarer Republik

Dieser Eintrag stammt von Benjamin Ruge und Christian Swarbrizk

Herr Meinke wurde 1912 in Bergedorf geboren, zwei Jahre vor dem Ausbruch des 1. Weltkrieges. Auf die Frage nach seinen ersten Kindheitserinnerungen antwortet er spontan: "Wenn ich Hunger hatte, und ein Stück Brot haben wollte, bekam ich eine Scheibe Steckrüben in die Hand gedrückt. Da war ich ungefähr 5 oder 6 Jahre alt." Dabei kommen ihm die Tränen, wenn er daran denkt. "Uns ging es sehr schlecht. Wir waren wirklich bettelarm. Wir hatten nichts. Das wünsche ich keinem Menschen. Zudem waren meine Eltern geschieden, ich lebte bei meinem Vater, aber ein richtiges Zuhause hatte ich nicht. Dass ich nicht abrutschte wie viele andere, das wundert mich noch heute."

"1918 wurde ich am Brink eingeschult. Ich kann mich noch lebhaft daran erinnern, wie wir wöchentlich einen Becher Quaker-Suppe erhielten, gespendet als Schulspeisung von den Amerikanern. Das war meistens Haferflockensuppe. Jedenfalls auf diesen Tag haben wir Kinder uns immer gefreut."

Er wohnte mit seinem Vater am Möörkenweg. In den nahegelegenen Villen betreute der Vater die Heizungen, zum Beispiel bei der Familie Bibler, die damals das erste Warenhaus in Bergedorf führte. Heute steht an der Stelle im Sachsentor Karstadt. Aber auch Herr Meinke musste sich als Schulkind sein Brot verdienen. Er trug jeden Tag Zeitungen aus und half der Nachbarin Frau Krüger bei der Gartenarbeit. Dafür bekam er ein warmes Mittagessen. An diese Frau knüpfen sich für ihn nur gute Erinnerungen: "Wenn diese Frau nicht gewesen wäre, ich weiß nicht, was aus mir geworden wäre. Mein Vater hat nicht wieder geheiratet, das ging damals nicht so einfach." Schlimm war auch die Inflationszeit: "Wenn ich damals etwas Geld bekam, hatte ich einen ganzen Zigarrenkasten voller Papierscheine. Man hätte denken können, reich zu sein, aber damit war es nichts. Ich musste immer zusehen, dass ich ein bisschen was zu essen dafür bekam." Er meint, dass es damals nur Reiche oder Arme gegeben hätte.

Nach der Schule fing Herr Meinke eine Lehre als Autoschlosser an, aber nach der bestandenen Prüfung war er arbeitslos und musste im Sachsentor stempeln gehen. Dort bekam er ein paar Mark Arbeitslosenunterstützung. "Das hab' ich nicht lange mitgemacht. Ich hab' dann zugesehen, wie ich weiterkam." Durch seine Lehre hatte er die Gelegenheit gehabt, ganz früh Auto fahren zu lernen. "Es muss so 1931/32 gewesen sein, dass ich als einer der ersten in Bergedorf ein Taxi fuhr, als unten am Bahnhof noch Pferdedroschken standen." Als er kurz darauf von der Firma Eisenschütt eingestellt wurde, fuhr er dort tagsüber einen Lastwagen und abends Taxi. Eisenschütt befand sich übrigens etwa dort, wo gegenüber von der Chrysander-Schule heute die Bergedorfer Schlossstraße beginnt.

Kurz vor der Machtübernahme durch Hitler hatte sein Vater Arbeit in der Stuhlrohrfabrik gefunden. 30 Jahre bis zu seinem Tod hatte er dort gearbeitet.

Auf die Frage nach der Politik gibt er zur Antwort: "Wie mein Vater war ich neutral. Über Hindenburg und Ebert haben wir gut gedacht, aber der Vater fand es unter dem Kaiser viel besser. Die Braunen haben wir zwar auch in Bergedorf gesehen, aber ich war sehr skeptisch. Ich bin auch nicht in die Partei eingetreten, so wahr ich hier sitze."

Herr Meinke war sehr fleißig, sparte jeden Pfennig, der möglich war. 1937 heiratete er und wenig später hatte er 5000 Reichsmark zusammen, so dass er sich mit seiner Frau ein fast verfallenes Haus an der Wentorfer Straße kaufen konnte. Sie renovierten es und bauten darin ein Obstgeschäft auf.

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